Am 12. Oktober hatten wir die glückliche
Gelegenheit, den heute in Amerika lebenden Herrn Dr. Kurt Maier, der sich
zu dieser Zeit in seiner Heimat aufhielt, über die Sprache seiner Kindheit
zu befragen. Kurt Maier wuchs in einer eingesessenen jüdischen Familie
in Kippenheim auf, wurde im Jahr 1940, im Alter von 10 Jahren, nach Gurs
deportiert, konnte von dort aber mit seiner Familie nach Amerika auswandern.
In Amerika wurde in seiner Familie weiterhin die gewohnte heimatliche Umgangssprache
gepflegt, so dass Herr Maier, wie wir uns bei unserer Spracherhebung überzeugen
konnten, dieses Idiom in phänomenaler Weise im Bewußtsein präsent
hat. Besonders wenn er typische Wörter und Wendungen wiedergibt, die
er von seiner Mutter gehört hat, ist er eine authentische Quelle für
die konktete Ausformung einer sprachlichen Variante, wie sie früher
von südbadischen Landjuden gebraucht wurde. Diese Sprache bewegt sich zwischen drei sprachlichen Kraftfeldern, nämlich erstens der traditionellen südwestdeutschen Judensprache, wie sie vor allem aus dem Elsass bekannt ist, zweitens dem alemannischen Dorfdialekt der christlich geprägten Umgebung und drittens der neuhochdeutschen Standardsprache. Hinzu kommen sehr viele Elemente aus dem Hebräisch-Aramäischen, vor allem wenn es um Ausdrücke der jüdischen Feste, des Kultus und des Alltags geht. Die gesamte Befragung war uns in mehrfacher Hinsicht ein besonderes Erlebnis, einerseits durch die überaus freundliche und lebhafte Art des Auskunftgebers, andererseits durch seine kompetenten und äußerst reichhaltigen Angaben, die in einer besonderen Darstellung aufgearbeitet wurdn. Erschienen als: Kippenheimer Jüdischdeutsch. Zur Sprache südbadischer Landjuden. In: Die Ortenau. Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden 85 (2005), S. 365-378. |
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