Rudolf Post
Badisches Wörterbuch
Arbeitsbericht für das Jahr 2000

Im Berichtsjahr konnte trotz eines Verlagswechsels die Erarbeitung und Publikation des Badischen Wörterbuchs zügig fortgeführt werden. Doppellieferung 58/59 (Närrin-Nutzen) erschien in der ersten Hälfte des Jahres 2000. Lieferung 60 und 61 sind fertig erarbeitet und sollen Anfang des nächsten Jahres als Doppellieferung erscheinen. Mit der Doppellieferung 60/61 sind die Buchstaben N, O, (P) gänzlich und der Buchstabe Q ist zum überwiegenden Teil abgeschlossen. Die Manuskripterarbeitung steht zum Jahreswechsel 2000/01 beim Wort Ranft.

Die Personalsituation im Berichtsjahr:

Leiter: Dr. Rudolf Post, volle Stelle als wiss. Mitarbeiter, 2-4 Wochenstd. Lehrverpflichtung.
Sekretariat: Friedel Scheer, M. A., Halbtagsstelle.
Wissenschaftliche Hilfskräfte: Dragutin Rezic und Anne Katrin Becker mit je 34 Stunden im Monat.
Erfreulicherweise hat auch in diesem Jahr Herr Dr. Gerhard W. Baur das Manuskript der neuen Doppellieferung Korrektur gelesen.

Das gesteckte Ziel, jährlich zwei Lieferungen zu erarbeiten und als Doppellieferung erscheinen zu lassen, konnte eingehalten werden. Der bisherige Verlag des Badischen Wörterbuchs, der Moritz-Schauenburg-Verlag Lahr, wurde mit Ende des Jahres 1999 aufgelöst. An seiner Stelle konnte der Oldenbourg-Verlag München für eine Fortsetzung der Publikation gewonnen werden. Bei ihm erschien die Doppellieferung 58/59. Über den Oldenbourg Verlag sind auch weiterhin sämtliche, seit 1925 erschienenen Lieferungen des Badischen Wörterbuchs erhältlich. Die ersten drei Bände können jetzt auch geschlossen bezogen werden.


Zu den Arbeiten und Ergebnissen im einzelnen:

1) Die erschienenen Lieferungen 58 und 59 beinhalten einen Großteil des Buchstabens N (Närrin-Nutzen) mit Sprachkarten für die Wörter Nase, naseweis, nimmst, nicht, nichts, nirgends. Wie bei den Lieferungen zuvor, stellte uns der „Südwestdeutsche Sprachatlas“ bereitwillig Material aus seinen Sammlungen zur Verfügung. Herzlichen Dank!

2) Die druckfertig hergestellte Doppellieferung 60/61 enthält den Rest des Buchstabens N (nutzen-Nylongarn), den Buchstaben O und den größten Teil des Buchstabens Q. Im Buchstaben O finden sich die wenig spektakulären Wortstrecken mit den Zusammensetzungen auf oben-, ober-, dann aber auch sprachlich bzw. volkskundlich interessante Wörter wie Oberte ‚Teil des Schwarzwaldhauses‘, Ochs und Zs., Odenwald, Ofen und Zs., Ohm ‚Hohlmaß‘, Öhmd ‚zweiter Grasschnitt‘, Ohr und Zs., Orkel, Örkele ‚Bottich, Zuber‘, Ort, Ostern und Zs. Daneben einige hochfrequente Wörter mit vorwiegend grammatischer Funktion wie ob, oder, ohne. Eine Unzahl von Heteronymen ergab sich für die Bezeichnungen des Ohrwurms, Forficula auricularia. Sie sind unter dem Stichwort Ohrenklemmer nachzulesen. Für den Buchstaben Q sind vor allem die unterschiedlichen Mechanismen (teilw. Rückbildungen, Adoptivformen) der Entwicklung von qu- dokumentiert, die etwa beim Wort Quecke in den Formen Quecke, Zwecke, Kecke zutagetreten. Sprachkarten finden sich für die Wörter oben, Öfen, Ortscheit, Quak, Quark.

3) Neben der Erarbeitung des Wörterbuchmanuskripts wurde die Komplettierung der erweiterten elektronischen Lemmaliste (Stichwort, Wortart, Gliederung und Bedeutungsangabe) fortgeführt. Zum Ende des Berichtsjahres konnte diese Lemmaliste für alle bisher publizierten Wörter abgeschlossen werden (Band I-III und publizierter Teil von Band IV). Somit kann nun auf alle bisher gedruckten Stichwörter und alle semantischen Untergliederungen systematisch mit geeigneten Suchprogrammen zugegriffen werden. Die Liste aller vorläufigen Lemmata der beiden letzten unveröffentlichten Bände wurde weiter durchgesehen, korrigiert und aktualisiert.

4) Das elektronische Volltextcorpus des Wörterbuchs wurde ausgebaut und weiter vereinheitlicht. Die Erweiterung des Volltext-Corpus soll im Rahmen des Möglichen fortgesetzt werden.

5) In beschränktem Umfang wurden weiterhin Quellen erschlossen und verzettelt. Neben kleineren Quellen wurden vor allem Hellriegel/Werner: Bichenauerisch, Bruchsal 1998, sowie spontan eingesandte Sammlungen von mundartlichen Redewendungen und Mundartwörtern exzerpiert und in die Sammlung einsortiert.

6) Trotz der nun erreichten Verdoppelung des Publikationstempos (jährlich 2 Lieferungen), ist der Abschluss des Badischen Wörterbuchs bei diesem Tempo frühestens in 17 Jahren zu erreichen. Versuche, diese Situation zu verbessern, sind - wie schon in den vorigen Jahren - nicht von Erfolg gekrönt worden. Mehrmals wurde versucht, Drittmittel bei regional orientierten Institutionen bzw. Personen einzuwerben. Die Antwort war meist: Man möchte ja gerne, aber man habe sich schon anderweitig engagiert, so dass keine weiteren Mittel zur Verfügung stünden.

7) Wie in den Vorjahren erreichten die Arbeitsstelle zahlreiche Anfragen zu mundartlichen oder namenkundlichen Problemen. Die leichtere Zugänglichkeit per E-Mail hat zu einer Erhöhung der Anfragefrequenz von durchschnittlich zwei bis drei Anfragen pro Woche geführt. Zusätzlich wurden Autoren von Ortsdialektdarstellungen und Mundartwörterbüchern beraten. Hier ist in diesem Jahr besonders die Bearbeitung des Kraichgauer Wörterbuchs von Marliese Echner-Klingmann hervorzuheben. Daneben wirkte der Berichterstatter in folgenden wissenschaftlichen bzw. mundartfördernden Gremien mit: als Mitglied des Kuratoriums für österreichische Dialekt- und Namenlexika der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; als Mitglied der Jury des nordbadischen Mundartdichterwettbewerbs der Bezirksregierung Nordbaden und als Mitglied der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften.

8) Im Berichtsjahr besuchten mehrere Wissenschaftler, Studenten und auch Laienforscher die Arbeitsstelle, um sich über die Arbeit am Badischen Wörterbuch zu informieren oder sich in dialektologischen oder lexikographischen Fragen beraten zu lassen. Dies waren im Berichtsjahr unter anderen: Frau Prof. Dr. Marthe Philipp und Dr. Erich Weider (Elsass); PD Prof. on. Dr. Heinrich J. Dingeldein (Universität Marburg); Konrad Sonntag (Alemannisches Institut); Prof. Dr. Otto Holzapfel (Deutsches Volksliedarchiv); Prof. Dr. Fréderic Hartweg (Universität Straßburg); Prof. Dr. Wolfgang Kleiber (Mainz); Frau Dr. Ingrid Guentherodt (Universität Trier) und Dr. des. Werner Voigt, Übersetzer und Spezialist für griech. Sprachgeschichte, Luxemburg.

9) Im Rahmen seiner Lehrverpflichtungen bot der Berichterstatter im SS 2000 ein Proseminar "Dialektlexikographie" und im WS 2000/01 ein Proseminar "Geschichte des deutschen Wortschatzes" an.

Freiburg i. Br., 22. 12. 2000

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