Rudolf Post
Badisches Wörterbuch
Arbeitsbericht für das Jahr 1998

Im Berichtsjahr wurden nach meiner Einstellung als Leiter des Badischen Wörterbuchs zunächst Sichtungs-, Ordnungs- und Erfassungsarbeiten durchgeführt. Daneben wurde Lieferung 57, die erste Lieferung des 4. Bandes erarbeitet und für den Druck fertiggestellt (N-Nauser). Mit dem Erscheinen dieser Lieferung ist Anfang des Jahres 1999 zu rechen.

Die Personalsituation im Berichtsjahr:
Leiter: Dr. Rudolf Post, volle Stelle als wiss. Mitarbeiter, 2-4 Wochenstunden Lehrverpflichtung.
Sekretariat: Friedel Scheer, Halbtagsstelle.
Wissenschaftliche Hilfskräfte: Christina Hitzfeld und Martina Kinzler mit je 34 Stunden im Monat

Es zeigt sich, daß durch Computereinsatz und organisatorische Verbesserungen das Publikationstempo gegenüber früheren Jahren erhöht werden kann, mit einem Abschluß der noch ausstehenden letzten beiden Bände ist bei der jetzigen personellen Situation dennoch nicht vor dem Jahr 2020 zu rechnen.



Die Arbeiten im einzelnen:

1) Um einen Überblick über die Quellen, Karteien, Literatur, Tonträger usw. zu gewinnen, wurden alle Regale, Schränke, Karteikästen usw. durchgesehen und ggf. umgeordnet. Sammlungen mit nicht mehr aktuellem Stand sowie veraltete oder unbrauchbare Gerätschaften wurden nach Rücksprache mit der Verwaltung und dem bisherigen Leiter, Herrn Dr. GERHARD W. BAUR, aussortiert. Insgesamt erwies es sich für meine Einarbeitung als äußerst günstig, daß Herr Dr. BAUR häufig zu abschließenden Ordnungs- und Archivierarbeiten in die Arbeitsstelle kam, so daß er immer wieder zu speziellen Fragen Auskunft erteilen konnte. Seine bereitwilligen Auskünfte haben mir die Einarbeitung sehr erleichtert und dazu beigetragen, daß im Wechsel der Bearbeiter die Kontinuität der Arbeit gewahrt werden konnte. Auch die engagierte und kenntnisreiche Mitarbeit von Frau SCHEER hat es mir schnell ermöglicht, die Grundlagen der internen Arbeitsabläufe und Verwaltungsvorgänge nachzuvollziehen.

2) Die formalen und inhaltlichen Regeln zum Abfassen von Wortartikeln wurden in einem „style manual" schriftlich niedergelegt. Neben genauen Angaben zu Ort und Funktion typographischer Strukturierungselemente (Fett-, Kursiv-, Petitdruck, Sperrung, Interpunktion, Divis usw.) wurden Anordnung und Abfolge der obligatorischen und fakultativen Informationsklassen (Lautkopf, grammatische Angaben, Dokumentationsteil, Verweise, Etymologie, Literatur usw.) innerhalb eines Wortartikels festgelegt.

3) Die Erfassung des Wörterbuchmanuskripts erfolgt nun unmittelbar durch den Bearbeiter am Computer. Das dabei verwendete Textverarbeitungsprogramm Word-Perfekt 8.0 wurde durch systematische Makro- und Stylezuweisungen benutzerfreundlicher eingerichtet. Die Typographie, bes. die zahlreichen Sonderzeichen, wurden im Garamond-Zeichensatz nach ästhetischen Gesichtspunkten mit einem Font-Editor überarbeitet. Die durch das unmittelbare Schreiben von Wortartikeln am Computer freigewordenen Kapazitäten der Schreibkraft wurden verstärkt für Exzerptions- und Strukturierungsarbeiten, Verwaltung von Verzeichnissen und elektronischen Daten, Korrektur- und Formatierungsarbeiten usw. herangezogen.

4) Die teilweise schon vorhandene elektronische Lemmaliste wurde einheitlich strukturiert. Sie kann nun von einem speziellen Programm ausgewertet werden. Insbesondere können nun alle Stichwörter nach Wortbildung und lautlicher Umgebung systematisch erfaßt werden. Eine Erschließung nach Wortarten, semantischer Gliederung und Bedeutungsangaben ist begonnen worden, sie wird sukzessiv mit Hilfe der studentischen Hilfskräfte in den nächsten Jahren fortgeführt.

5) Das Fragebuch des Südwestdeutschen Sprachatlasses (SSA), die Wenker-Sätze, die Fragen des Deutschen Wortatlasses und die Karten von Eichhoffs Wortatlas der Umgangssprachen wurden systematisch erschlossen. Es kann nun anhand einer Konkordanz abgeprüft werden, ob ein gerade zu bearbeitendes Wort für eines der oben genannten Werke abgefragt und ggf. publiziert wurde.

6) Für das Arbeitsgebiet wurde eine Gesamtortsliste erstellt, die jeden in unseren Quellen sowie die im DWA, DSA und SSA vorhandenen Ortsamen aufführt. Insgesamt enthält das Verzeichnis 1717 Ortsnamen. Zu allen Namendubletten wurden eindeutige (und soweit möglich) amtliche Differenzierungsangaben angegeben, z. B. Hausen a. d. M.; Hausen i. T. usw. Alle zu den Ortsnamen gehörigen Ortspunkte wurden auf der Grundkarte ausgemessen und in ein Koordinatensystem übertragen. Diese Ortsliste mit den Koordinaten ermöglicht die Übernahme von Sprachdaten in ein Kartierprogramm, das dem Bearbeiter hilft, seine jeweilige Belegsituation räumlich zu überblicken.

7) Das für den Südwestdeutschen Sprachatlas gesammelte Material stellt sowohl in seinem schon publizierten Teil wie auch in dem erheblich größeren nichtpublizierten Teil eine wertvolle Ergänzung der Quellenbasis zumindest für das südliche Arbeitsgebiet des Badischen Wörterbuches dar, das schon in der Vergangenheit mit Hilfe ausgedruckter Fragelisten genutzt wurde. Mit Hilfe eines selbsterstellten Programms können nun die Daten direkt vom Datenträger übernommen werden. Das Programm vereinfacht die differenzierte Phonetik des SSA nach den Prinzipien des Badischen Wörterbuchs und kann die so konvertierten Daten in einer Karte wie auch in sortierten Listen ausgeben.

8) Die Wortartikel des Badischen Wörterbuchs enthalten eine Vielzahl formalisierter Daten, deren Korrektheit durch Computer abgeprüft werden kann. Dies sind vor allem die ca. 2700 Abkürzungen der Quellen und Ortsnamen, ferner die alphabetisch korrekte Abfolge der Stichwörter, eine formal logische Gliederung, eine konsequente Klammerung usw. Ein selbstgeschriebenes Programm läuft über den Wörterbuchtext und protokolliert alle Unstimmigkeiten.

9) Das Gesamtverzeichnis aller Quellen und Abkürzungen wurde aktualisiert und mit dem Ortsverzeichnis abgestimmt. Vereinzelt wurden Vereinheitlichungen durchgeführt.

10) Durch Mittel aus dem Großgeräteprogramm konnten im Juni zwei dringend benötigte Computer und ein Postscript-Laserdrucker beschafft werden. Die Computer laufen unter Windows 95, als Textverarbeitung für die Manuskripterstellung wird Word-Perfekt 8.0 eingesetzt. Die für die Wörterbucharbeit notwendige Software und Datenorganisation wurde eingerichtet, die Verbindung zum Freiburger Universitätsnetz (FUN) und zwischen den einzelnen Arbeitsplatzcomputern wurde hergestellt. Eine weitere, dringend notwendige Computeranlage über das WAP-Programm steht noch aus.

11) Ausgehend von der Home-Page der Universität wurde im Internet ein Zugang zu Seiten über den Arbeitsbereich "Badisches Wörterbuch" geschaffen. Die Seiten enthalten Texte und Abbildungen zu folgenden Themen: Arbeitsgebiet des Badischen Wörterbuchs, Geschichte und Methode der Sprachsammlung, Titelblatt Band 3, Beispiel eines Wortartikels, gegenwärtiger Stand der Publikation, Arbeitsstelle, Bibliothek, Personal, Literatur.

12) Parallel zu den obengenannten Arbeiten und verstärkt in der zweiten Hälfte des Berichtsjahres wurden Wortartikel geschrieben. Begonnen wurde mit dem Buchstaben N an Band IV. Die Wortstrecke NA- ist im Manuskript abgeschlossen. Das Material für Lieferung 57 ist druckfertig. Um den sogenannten „Lautkopf" von umfangreichen Wortartikeln zu entlasten und andererseits die dialektgeographischen Angaben anschaulicher zu machen, werden ab Lieferung 57 dem Badischen Wörterbuch Laut-, Formen- oder Wortkarten beigegeben. Und zwar in den Fällen, in denen dies anhand flächendeckend hinreichender Belegsituation möglich ist.

13) Im Berichtsjahr besuchten mehrere Wissenschaftler, Studenten und auch Laienforscher die Arbeitsstelle, um sich in dialektologischen oder lexikographischen Fragen beraten zu lassen. Zahlreiche schriftliche Anfragen wurden beantwortet. Der Bearbeiter nahm an folgenden wissenschaftlichen Tagungen teil: 27.-28. 1. 98: Österreichische Akademie Wien, Straffungskonzeption für das Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich; 2.-4. 3. 98: DFG-Tagung Göttingen, Konzeption eines Mittelhochdeutschen Wörterbuchs; 29. 5. 98 Akademie Heidelberg, Standardisierungsmöglichkeiten in der Lexikographie; 19.-21. 10. 98: Tagung in Göttingen zur Gründungsversammlung der Internationalen Gesellschaft für die Dialektologie des Deutschen. Auf der Jahrestagung des Internationalen Mundartarchivs, Neuß vom 5.-6. 9. 98 hielt der Berichterstatter einen Vortrag über institutionelle Mundartpflege in der Pfalz und in Baden; am 30. 6. 98 stattete er seinen Kollegen vom benachbarten Schweizerdeutschen Wörterbuch in Zürich seinen Antrittsbesuch ab.
 

Freiburg i. Br., 23. 12. 1998

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