Dr. Rudolf Post
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Universität Freiburg i. Br.
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Dambedei

Im mittelbadisch-pfälzisch-südhessischen Gebiet wird zu bestimmten Anlässen, meist zur Advents-, Weihnachtszeit oder zu Neujahr ein Gebäck hergestellt, das wegen seines eigenwilligen Namens Dambedei (oft auch Dampedei geschrieben) oft zu Nachfragen anregt. Woher kommt das Wort? Was hat es zu bedeuten?

In diesem Artikel soll diesen Fragen etwas nachgegangen werden, wobei zunächst ein Überblick über den heute wahrscheinlichsten Stand der Erforschung aus meiner Sicht gegeben wird. Doch damit der Interessierte evtl. weiter nachforschen und ggf. andere Deutungen finden kann, sind unten die Belege aus den einschlägigen Wörterbüchern und weiterführende Literaturangaben angehängt.

Die sich auf den mittelbadisch-kurpfälzischen Raum konzentrierende Bezeichnung Dampedei, gesprochen Dambedei bezieht sich sachlich auf ein Weißmehlgebäck in Menschen- aber auch Halbmondform. Ausführlicheres schildert Stemmermann (Lit. s. unten) für die Gegend um Ettlingen: "Die charakteristischsten Gebildbrote unserer Gegend sind die Dambedeien. Heute erscheinen sie spätestens am 6. Dezember in den Bäckerläden. Früher wurden sie in den Familien hergestellt, wie es noch heute teilweise geschieht. In zahlreichen Orten sind die Dambedeien fest mit dem Nikolaustag verbunden (z. B. Pfaffenrot, Ettlingenweier, Burbach, Etzenrot, Grünwettersbach, Oberweier, Mörsch, Sulzbach); in Hohenwettersbach und Reichenbach erscheinen sie zu Weihnachten noch einmal. In Völkersbach und Schielberg gehören sie nur zu Weihnachten, in Schöllbronn zu Weihnachten und Neujahr, während sie in Langenalb nur als Neujahrsbackwerk üblich sind. Die Dambedeien werden heute fast überall als Teigmännle gebacken, doch ergibt eine Nachprüfung sehr schnell, daß es auch weibliche Dambedeien gab. Der Name »Dambedei« ist zweifellos alt. Unsere Umfrage von 1967 hat ergeben, daß die Bezeichnung »Dambedei« allerorten bekannt ist und als sehr alt gilt, so alt mindestens, als sich die ältesten Leute zurückerinnern können"  (Stemmermann, S. 130, mit Abbildungen).

Als Namenserklärung wird besonders in Karlruhe angeführt, das Wort sei aus frz. d’hommes petits herzuleiten und im 19. Jhd. von einem Bäcker aus Straßburg übernommen worden. Diese Deutung ist zwar recht reizvoll, doch bei genauerem Hinsehen nicht haltbar. Eine andere Erklärung lautet so: Im Advent gebackenen Broten habe man die Form eines Christkinds gegeben, diese Brote seien von den Priestern mit den Worten: in nomine domini dei (im Namen Gottes des Herrn) oder ad honorem domini dei (zu Ehren Gottes des Herrn) gesegnet worden. Die Latein-unkundigen Gläubigen hätten die Segnungsworte domini dei zuerst zu domnidei (gesprochen: domnide - i), dann zu damnidei (hier wurde das Ende vielleicht schon wie Ei gesprochen) verballhornt, daraus sei schließlich das jetzige Dambedei entstanden [zit. aus dem Internet, 23. 1. 2004: http://www.wer-weiss-was.de/theme143/article458424.html (der Autor Fritz Ruppricht beruft sich auf Artikel aus den Badischen Neuen Nachrichten von 1968, 1976 und 1989)]. Diese auch schon von Franz Josef Mone, Othmar Meisinger, Otto Heilig [s. Bad. Wb. I, 413] ähnlich formulierte Herleitung hält ebenfalls einer genauen Prüfung nicht stand. Andere führen sogar einen heidnisch-rätischen Schutzgeist Tampeda/Tambeda ins Feld  [zit. aus dem Internet, 23. 1. 2004: http://www.uni-ulm.de/LiLL/prov2/europa/solill/esskultur/ulm/lieblingsbrot/dambedei.htm], was aber sehr hergeholt erscheint und kaum ernsthaft zu belegen sein dürfte. Ebenso abwegig erscheinen Herleitungen von Timpeteh (aus dem Märchen vom Fischer und seiner Frau) oder von einem litauischen Götternamen Djempatis 'Erdherr' [Nachweise bei Christmann 1933, 36].

Genau besehen, ist unser Wort Dambedei (es ist als der und die Dambedei bezeugt, wobei die feminine Form wohl die ursprünglichere ist) als eine Zusammensetzung aus Dambe- und Dei(e) aufzufassen. Das Wort Dei(e) kommt nämlich im Geltungsbereich von Dambedei und darüber hinaus auch als Simplex Dei(e) und dann in anderen Zusammensetzungen wie Christ-, Wander-, Weihnachtsdei vor. Eine Entlehnung aus dem Französischen des 19. Jahrhunderts scheidet schon deswegen aus, weil das Wort schon im 16. Jahrhundert archivalisch belegt ist. Nach einer Rechnung des St. Georgen-Hospitals in Speyer reichte man deyhen uff dem jahrtag 1539 den armen sichen noch alter gewonheyt . . . [zit. nach Pfälz. Wb., s. u.]. In Hirschhorn im Jahr 1560 müssen probst etc. . . . jehrlich uff sanct Stephans des h. ertzmertelers tag zwo theyen und zwo schultern von gemesten schweynen . . . schicken zum Hirschhorn uff das schlosz und soll die theyen gebacken seyn von einem halben malter ongemulterter kern [zit. nach Südhess. Wb., s. u.]. In Kaiserslautern erhielt 1626 ein Bäcker eine Geldstrafe, weil er dem Verbott Zu wieder Wecken Deygen, Vndt dieselbigen Zu Klein gebacken hatte [zit. nach Pfälz. Wb., s. u.]. Als Grundwort ist die Dei(e) als Bezeichnung für verschiedene Kuchen bzw. Weißbrote auch noch aus Mundarten der Pfalz, aus Baden und aus Schwaben mehrfach gemeldet [s. die Wörterbuchbelege weiter unten]. 

Neben dem Grundwort Deie kommen in historischen Texten aber auch verschiedene Zusammensetzungen vor. Der meines Wissens früheste Beleg stammt vom Jahr 1529 wiederum aus einer Rechnung des St. Georgen-Hospitals in Speyer und zwar für die Zusammensetzung "Christdeie": Item 5 sch. pf. vor Crist dyhen, zu dem nuwen jarstag nach alter gewonheit [zit nach Pfälz. Wb. , s. u.]. Auch "Weihnachtsdeie" ist archivalisch in einem Dirmsteiner (bei Frankenthal) Lagerbuch 1557 belegt: Davon geburt Churfürstlicher Pfalz ... 4 weihenecht deihen [zit. nach Pfälz. Wb., s. u.]. Wie die unten angeführten Belege aus den Wörterbüchern zeigen, finden sich Christdeie, Weihnachtsdeie, Grundbiredei auch noch in Mundarten des 20. Jahrhunderts vor. Nach einer Meldung von Herrn Friedrich Bubeck aus Pforzheim (er stammt aber aus dem Raum Cannstatt/Esslingen) an den Autor im Jahr 2012, gab es in Echterdingen auf den Fildern im Sommer einen Salz-Dei, das  ist ein Hefekuchen mit Salz (.. und Kümmel) bestreut.

Leider ist der/die Dambedei nicht unter den frühen historischen Belegen. Erste Belege finden sich erst nach der Mitte des 19. Jahrhunderts. Franz Josef Mone (1796-1871) hat vor 1870 ein "Bruhrainisches Idioticon" handschriftlich verfasst, in dem er Mundartausdrücke aus seinem Heimatort Mingolsheim und dem Bruhrain dokumentiert. Dieses Bruhrainische Idioticon wurde 1905 von Otto Heilig in Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg und der rheinischen Pfalz, 6 (1905) S. 121 ff. publiziert. Mone schreibt darin: Dambedai m.: kleines Gebäck von Weißmehl, das man auf Weihnachten zum Kaffe backt. Ein weiterer früher Beleg stammt von Ludwig Eichrodt (1827-1892). In seinem Werk "Rheinschwäbisch" [Mundart der Karlsruher Gegend, 1. Aufl. 1868], liest man: Der Lausbu bin e, frank un frei, / Seh aus grad wie en Dambedei [zit. nach der 2. Aufl. Karlsruhe 1873, S. 42].

Wie oben, anhand der historischen, wie auch dialektalen Belege deutlich wurde, ist Dambedei zum Grundwort Dei(e) zu stellen, was offensichtlich eine bestimmte Gebäckart bezeichnete, die zu bestimmten Anlässen gebacken wurde. Die Herkunft dieses Deie ist, wie Ernst Christmann es schon 1933 überzeugend dargestellt hat [s. Literatur unten], zu mhd. dîhen ‚gedeihen, geraten, zunehmen‘ zu stellen, es bedeutete damit so etwas wie ‚Gedeihbrot‘, weil es vielleicht den Wunsch des Gedeihens, Wachsens für Weihnachten, Neujahr ausdrücken sollte. Wenn diese Herleitung stimmt, müsste man das Wort heute etymologisch richtiger als Deih(e), Dambedeih schreiben, einige historische Belege zeigen ebenfalls diese h-Schreibung [s. o.].

Nun bleibt als letztes Problem, die Herkunft des Bestimmungswortes Dambe- zu klären. Mit Ernst Ochs [Bad. Wb. I, 413] und Ernst Christmann [1942, 39/49] neige ich dazu, das Wort zu badisch Dampe, Dampel, Dampelhans ‚ungeschickter, plumper Mensch, Hampelmann‘ usw. zu stellen. Dies deshalb, weil das Gebäck in (plumper) Männchen-, Puppenform gebacken wurde. Auch das männliche Geschlecht des Wortes kann so erklärt werden, während die historischen und viele mundartliche Belege auch weibliches, seltener sächliches Geschlecht aufweisen.

Freiburg, 28. Jan. 2004 / letzte Aktualisierung: 7. Dez. 2012


1) Belege aus Wörterbüchern
(nicht alles, was im Folgenden dokumentiert ist, entspricht dem heutigen Stand, manches davon ist schlicht falsch)

Bad. Wb. I, 412/13:
Dampedei dámbədai Karlsr. u. ö.; Tampeltei Durlach/Fischer 2, 46. Mehrz. Dampedeien 1895 Spessart (Ettlgn) hs. - m.: 1) Gebäck für Nikolaustag und Weihnachtszeit, aus Weißmehl, in Menschenform, zum Kaffee genossen XIX f. Karlsr., Spessart (Ettlgn), Schöllbronn; wird zu Weihnachten von Eltern und Paten den Mädchen geschenkt 1928 Harddörfer bei Karlsr. (Gegensatz Bubebschenkel oder Mutschel). Weihnachts- und Neujahrsgebäck in Form eines Mannes oder einer Frau Baden.B., ähnl. Bruchsal, Wiesloch. Gebäck in Männchenform Gernsbach (vgl. Mann). "Auch die aus gleichem Teig gebackenen Osterhasen heißen D-" 1920 Karlsr. Es ist Karlsruher Überlieferung, der Bäcker Vorholz habe die Sache in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter dem Namen homme petit eingeführt; 1933 schreibt eine Karlsruherin sogar, ein Bäcker habe d’hommes petits von Straßburg eingeführt. Mone erläuterte ‚dam petit, kleiner Herr, Christkind‘; Heilig dachte an ‚dominus (dam) deus, Herr Gott‘; eine Deutung ‚domini panis dei‘ scheint auf Meisinger zurückzugehen. Ich bin der Ansicht, daß die Bedeutungen 2 und 3 mindestens stark berücksichtigt werden müssen, und halte das Wort für ein Seitenstück zu Dampel-hans. Das -dei kann man mit ‚Mann, Mensch‘ übersetzen; es war vielleicht einmal bloßes Suffix (Beitr. 54, 140f.f.), doch gibt es in Baden und Württemberg auch wirkliche Deien (s. d.) als Gebäck. Vgl. Hinkeldei, Venedey (: Vennemann); Deinle. Zum Folgenden mag überleiten: Der Lausbu bin e, frank un frei, Seh aus grad wie en Dambedei Eichrodt2 42. - 2) Puppe aus Lumpen XX Gegend von Ettlgn. Vgl. schriftsprachlich Hampelmann. - 3) eine Schelte, dummes Ding Baden-B. Vgl. Lumpendocke, Dampelhans. - H. Bächtold Abergl. 3, 395ff.

Dampel-hans m.: ungeschickter, tappiger Mensch, häufige Schelte Tiefenbronn, Hamberg, Würm, Pforzhm; dambelhanəs Heidelbg. In Bauschlott einfach dambl m. ‚alberne Person‘. Vgl. Erzdampelhans, Hansdampel (: Hansdampf), Damelhans, Dampen, Tappel. - Fischer 2, 45f.

dampelhansig Eigsch.: einfältig, dumm Höhn Mei Pforze2 36.

Dampe(n) m. Mehrz.: die Täppischen, Übername der Leute von Kürnbach BlBadVk. 175. Das Wort hält die Mitte zwischen der Gruppe Tapp und der Gruppe Dampelhans. Vgl. Dampelhans. - Fischer 2, 45. Seiler Bas. 71. Stalder 1, 262.

Bad. Wb. I, 451:
Deien Mehrz.: halbmondförmiges Gebäck aus Milchbrotteig an den Festzeiten im Winter 1894 Helmshm. Deier w. (Einz.) halbmondförmiges Neujahrsgebäck für Patenkinder 1895 Dürrenbüchig (vgl. Bubenschenkel). Nicht zu trennen von Dampedei, vielleicht nur daraus abgespalten. Da aber neben Deien in Helmshm Kuheuter steht, kann man allenfalls erläutern ‚Saugerle, weibliche Brust‘ (ahd. tila); Ausgangspunkt wäre dann das mhd. Zeitwort tīen ‚saugen‘. - Fischer 2, 129; 6, 1732. Falk-Torp 1, 141.

Bad. Wb. III, 288:
Krist-deien
grísdāi »Handsch.«, ähnl. »Rohrb. (Heidelbg), Gaisbg« — Pl., n.: ‚halbmondförmiges Gebäck aus feinem Mehl‘, gehört zu den ständigen Nujahresgeschenken der Paten »Handsch./Lenz« 2, 15b. Neujahrswunsch des Kindes an den Paten: E glickliches nei Johr, e Brezel wie e Scheiredor, e Christei wie e Ofeplatt, do wern mer all minanner satt »Seckenhm/Kraichgau« 2/70, S. 195. Zu ›Deien‹; vgl. Dampedei.

Handwb. des dt. Aberglaubens III, 395f.:
Wir müssen hier auf die speziell badischen Dampedeier usw. kurz eingehen: In Wiesloch und Baden-Baden heißt Dampedei ein Neujahrsgebäck in Form eines Mannes oder einer Frau (Ochs BadWb. Zettelkatalog; vgl. ZfEthnol. 30, 386; Ortenau 1910, 168.); in Gernsbach kennt man den Dampedei; ein Gebildbrot in Mannesform (Ochs); Henkeldei nennt man in Ettlingen einen krummbeinigen Menschen (Ochs); in den Hartdörfern bekommen die Buben an Weihnachten mondförmige Hefegebäcke "Bubenschenkel oder Mutschel", die Mädchen bekommen Dampedei in Menschengestalt (Ochs l.c.; Bad. Heimat 1928, 252.). In Durlach schenkt man an Weihnachten und Neujahr den Tampeltei (Ochs l.c.; Fischer SchwäbWb. 2, 45: Dampelhannes = dummer Mensch.); von dem an Weihnachten und St. Nikolaus in Karlsruhe hergestellten Dampedei sagt die Karlsruher Überlieferung, der Bäcker Vorholz habe dieses Gebildbrot unter dem Namen homme-petit eingeführt (?) (Ochs l.c.; Neues Archiv 6, 132; Bad. Heimat 1916, 51; 1928, 252; Meisinger deutet den Namen: domini panis dei.); in Helmsheim bei Bretten werden im Winter halbmondförmige Gebildbrote hergestellt, "Deier" genannt (Ochs); auch in Württemberg bekannt (Fischer l.c. 2, 129; 6, 1732.); diese "Deier" backt man in Dürrenbüchig bei Bretten an Neujahr für die Patenkinder (Ochs). In Hauhofen (Pfalz) kennt man das Christei als Patengeschenk an Weihnachten, ein halbmondförmiges Brot, in das zwei Erbsen eingedrückt sind (Pfälzer Museum 1922, 299.) (vgl. A. 72). Die Deutung homme-petit für Dampedei ist gesucht, vielleicht kann man eher an das elsässische "Schampedis" denken; dazu kommt eine Scherzbildung Dissel vor (Martin-Lienhart ElsässWb. 2, 415.), wie Deier zu Dampedei. Eine genaue Vergleichung der Bezeichnungen der Gebildbrote und der Namen der Haus- und Vegetationskobolde wird noch manches schöne Ergebnis bringen. Das Christentum begünstigte grundsätzlich die Substitution der animalsichen Opfer durch zerealische oder sucht Opferriten, bei denen Brot oder Gebäck dargebracht wurden, in christlichem Sinne umzudeuten; wohl das älteste Zeugnis für den Versuch, diese Brotopfer in den christlichen Kult aufzunehmen, finden wir in den capitula cum italicis episcopis deliberata (MG leg. 2, 1, 202 Zeile 21 vgl. A. 3.): ut nullus kalendis Januariis et broma ritu paganorum colere praesumat aut mensas cum dapibus in domibus praeparare... nisi voluerint ad ecclesiam panem afferre, simpliciter offerant, non cum aliqua de ipsa iniqua commixtione.

Pfälz. Wb. II, 63/11:
Dampe-deihe f.: ein ännähernd halbkreisförmiges Gebäck aus Hefeteig, das noch heute an Neujahr in den Bäckerreien in Maximiliansau Kr. GH und Nachbarorten gebacken wird, Dambedei (dạmbedai). Ein entsprechend großes Teigstück wird zu einem kreisförmigen Fladen von etwa 12-14 cm Durchmesser ausgewalzt. Das Teigblatt wird dann so zusammengelegt, dass sein unterer Teil etwa 1-2 cm unbedeckt bleibt. Die D. wird auch mit Marmeladenfüllung hergestellt. - Ein in Art und Form sehr ähnliches Gebäck ist als Dei bzw. Deie an der Bergstraße bekannt (Südhess. I 1455/56). Auch auf die Dei in Bergzabern ist hier zu verweisen (s. Deihe). - Das Wort Dambedei stammt offenbar aus dem benachbarten badischen Raum, wo es ein puppenförmiges Gebäck, daneben aber auch eine Puppe aus Lumpen und als Scheltwort ein ‘dummes Ding‘ bezeichnet (Bad. I 421/13). OCHS (a.a.O.) hält, die zwei letzten Bedeutungen berücksichtigend, den ersten Wortteil (Dampe-) mit Dampel in Dampelhans ‚ungeschickter Mensch‘ (Bad I 413) identisch. - Zur Herkunft des Grundwortes Dei vgl. die Ausführungen bei Deihe.

Pfälz. Wb. II, 197/5:
Deihe f.: ‚ein Gebäck aus Hefeteig‘, vorn. Weihnachts- und Neujahrsgebildbrot, Deih (dai) [(um 1930) LU-Rh’gönh NW-Haardt Lindbg Duttw Geinsh SP-Bergs Heiligst Dudhf Harths Hanhf LA-Gommh Böbing Altd Bergz GH-Schwegh Weingt Freisb Max’au]; hierzu vgl. bes CHRISTMANN in HV 1933, S. 263 und BERTRAM in Westmärk. Abhandlungen 5. Jg. (1941/42) - in den dreißiger Jahren gab es dort auch die wahrscheinlich aus der Taschenform entwickelte Hörnchenform - und ißt sie in der Silvesternacht zum Glühwein. Die erwähnte Hörnchenform hatte eine Spannweite 12-14 cm. In anderen Gegenden, z.B. in BZ-Schweighf u. Umg., waren die Deihen wesentlich größer. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. waren solche Deihen das übliche Weihnachts- und Neujahrsgeschenk der Paten für ihre Patenkinder (vgl. CHRISTMANN in HV 1933, S. 263). In Spey reichte man deyhen uff dem jahrtag 1539 den armen sichen noch alter gewonheyt . . . [GeHospR]. In Kaislt erhielt 1626 ein Bäcker eine Geldstrafe, weil er dem Verbott Zu wieder Wecken Deygen Zu Klein gebacken hatte [StArch. Kaislt, Bürgermeister-Rechnung]. - Die Herkunft des Wortes ist nicht endgültig geklärt. CHRISTMANN führt es in OZfVK, 1942, S. 35ff. u. HV 1933, S. 263ff. auf mhd. d
īhen ‚gedeihen, geraten‘ zurück, weil die Gebildbrote in ihrem ursprünglichen Sinn Segen und Gedeihen bringen sollen. - Südhess I 1455/56; Bad. 451; Schwäb. II 129; VI 1732

Pfälz. Wb. IV, 613/14:
Krist-deih
n., -deihe f.: ‘Weihnachtsgebildbrot aus Kuchenteig’, in Halbmond- oder Hörnchenform, von unterschiedlicher Größe, früher in der ganzen VPf bekannt, Krischdei, Krischdää (grišdai, grišdää) u. Kreschdei (grešdai); vgl. »Deih(e)«. Mit K. beschenkte man zu Weihnachten die Patenkinder und Mägde. In NW-Haardt u. LA-Kirrw wurde dieses Gebäck auch zum Neujahrstag gebacken. a. 1529: Item 5 sch.pf. vor Crist dyhen, zu dem nuwen jarstag nach alter gewonheit [GgHospR]. Vgl. Christmann in: HV 1933, S. 262 ff., u. in: OZfVk. 1942, S. 35 ff.; O. Bertram in: HV 1934, S. 10, u. in: Trifels Nr. 17/1933; Stoll 171. — Mancherorts deutete man Deih im Kompositum, wenn es als Simplex unbekannt war, begünstigt durch den Zusammenfall der beiden Zahnverschlußlaute in der Kompositionsfuge, in »Ei« um. Im Gefolge davon entstand die Pluralform Krischteier (-aiər, -åiər). In SP-W’see u. NW-Haardt gab man sogar dem Gebäck die Form des Eies.

Pfälz. Wb. VI, 1178:
+Weihnachts-deihe f.: ‘weihnachtliches Hefegebäck’. a. 1557: Davon geburt Churfürstlicher Pfalz ... 4 weihenacht deihen [SSp Lgb. FR-Dirmst Bl. 28]; vgl. »Deihe, Kristdeihe«. Stoll 33, 171; O. Bertram: Christdeihen ... In: Der Trifels Nr. 17 vom 26. 11. 1933.

Schwäb. Wb. II, 129:
Dei dәi f.: Kuchen, STStein.; z.B. Grundbirendei. Deien Pl.: längliches weisses 3 Pfund-Brot mit eingedrückten Quervertiefungen, angebl. vor einigen Jahrzehnten aus Wien eingeführt NKErl. - Der Querfalten wegen zu deuhen "pressen"?

Schwäb. Wb. VI, 1732:
Dei dәilẹ kleiner Kirchweihkuchen (zum Verschenken an Kinder); BOEAltd.; dәiә Gebäck in Halbmondform (als Ersatz für Bretzeln) MLBGrVill.

Südhess. Wb. I, 1455/60:
Dei(en) m. f. dai Be-Scharb Waldm OSchönm; f. Be-Lind; daiә Be-Fürth Gadn Darsb Neckst (vgl. Weber 345): halbmondförmiges Gebäck aus Hefeteig: "aus umgeschlagenen Teigfladen" Waldm, "in Maultaschenform" Lind Scharb, mit Milch angerührt Gadn, gesüßt und mit Rosinen durchsetzt Waldm, mit Teigverzierungen Oschönm; Patengeschenk zu Neujahr Lind Waldm Neckst. Zum andern, so müssen probst etc. . . . jehrlich uff sanct Stephans des h. ertzmertelers tag zwo theyen und zwo schultern von gemesten schweynen . . . schicken zum Hirschhorn uff das schlosz und soll die theyen gebacken seyn von einem halben malter ongemulterter kern Be-Hirschh 1560 (Weisth 1, 446). Zs. Wanderdei(en). Syn. Ge-teig. - Bad. 1, 451.

Südhess. Wb. VI, 242:
Wander-dei(en) m. -dai Wo-Berm: Gebäck in der Form eines Hasen, Patengeschenk zu Neujahr.

2) weiterführende Literatur:

Bächtold-Stäubli: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Bd. 3, 395ff. - [Enthält innerhalb des Artikels "Gebildbrot" einen Exkurs zu Dampedei (s. o.)]

Bertram, Otto: Christdeihen und ähnliche Gebildebrote in der Vorderpfalz. In: Trifels vom 26.11.1933, Nr. 17 (auch in Heimat und Volkstum, München 1934, S. 9-15). - [Eineinhalbseitiger Aufsatz über Gebildbrote und ihre mundartlichen Bezeichnungen in der Vorderpfalz.]

Bertram, Otto: Pfälzische Gebildbrote. In: Westmärkische Abhandlungen zur Landes- und Volksforschung 5. 1941/42, S. 253-296. <mit 6 Karten und mehreren Abb.>. - [Diese vorwiegend volkskundlich ausgerichtete profunde Untersuchung bietet u. a. Verbreitung und mundartliche Benennungen pfälzischer Gebildbrote, wie sie z. B. zu Weihnachten, Neujahr, Ostern usw. gebacken wurden.]

Christmann, Ernst: Vom Gebildbrot "Deihe". In: Heimat und Volkstum 11. 1933, S. 262-268. - [Beitrag zur Sachkunde, Verbreitung und Herkunft von Deihe "Gebildbrot".]

Christmann, Ernst: Von den Gebildbroten 'Deihe' und 'Dampedei'. In: Oberdeutsche Zeitschrift für Volkskunde 16. 1942, S. 35-40.

Stemmermann, P. H.: Die Dampedei. In: ders. Volksleben von einst in Ettlingen und Umgebung. Karlsruhe Ettlingen 1977, S. 130-133.

Valentin, Hans E.: Brezen, Kletzen, Dampedei. Brot im süddeutschen und österreichischen Brauchtum. Regensburg 1978.

Waibel, Paul: Der rätselhafte Dambedei. In: So weit der Turmberg grüßt 10. 1958, Heft 12.

Wolber, Karl: Das Christei oder das Deihen: ein pfälzisches Gebildbrot. In: Oberdeutsche Zeitschrift für Volkskunde 16. 1942, S. 187-188.


Für Ergänzungen und weitere Hinweise mit Angabe der Quellen bin ich immer dankbar.

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